Eigentlich waren die Filmkulissen der neuen „Berliner Straße“ in Babelsberg das Ziel dieser Entdeckungstour, doch Studio Babelsberg versteckt Europas größtes und modernstes Außenset vor neugierigen Blicken.
Trotzdem bietet sich von der Ahornstraße aus ein spannendes Bild. Dort steht eine Wand aus Pappmaschee vor der echten Lokomotivbau-Halle. Ich kenne die Losung am Giebel noch aus meiner Schulzeit, 1980 führte unser Weg zum Produktionsunterricht daran vorbei. Die riesige Inschrift ist mir in Erinnerung geblieben, denn sie wirkte zu jener Zeit schon ziemlich angestaubt.
Die heute auffällig schwache „Fünf“ war damals noch von einer „Sieben“ übermalt, aber die Farbe deckte nicht richtig. Die Übermalung ermöglicht die zeitliche Einordnung, denn in der DDR gab es nur einen einzigen Siebenjahrplan, und zwar von 1959 bis 1965: Die Produktion von Lebensmitteln und Konsumgütern für die eigene Bevölkerung sollte innerhalb dieser Zeit den westdeutschen Pro-Kopf-Verbrauch übertreffen. Daraus wurde bekanntlich nichts und der Siebenjahresplan musste bereits 1963 ausgesetzt werden.
Die Halle gehört zu den denkmalgeschützten Gebäuden auf dem historischen Werksgelände von Orenstein & Koppel in Babelsberg. Ich denke, dass die originale Parole in den letzten Jahren nachgemalert wurde und dabei die „Sieben“ ganz verschwunden ist.
Ab 1900 war der Lokomotivbau am Standort ansässig. Auch bald nach Kriegsende wurden wieder Dampflokomotiven repariert und gebaut. Das Unternehmen erfüllte anfangs vor allem Reparationsforderungen der Sowjetunion. Ab 1948 bekam Orenstein & Koppel den Namen VEB Lokomotivbau „Karl Marx“. Ab 1950 wurden die ersten Dieselloks hergestellt. Im Zuge der Arbeitsteilung unter den sozialistischen Ländern musste die DDR den Lokomotivbau 1970 jedoch ganz einstellen. In Babelsberg wurden in der Folge Klimaanlagen und ab Mitte der 1970er-Jahre Autodrehkrane produziert.